Es ist, wie es ist

August 2018
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Der Sommer ist heiß, ungewöhnlich heiß. „Ich gehe ein hier!“, diese Nachricht aus einer Dachwohnung und weitere Kommentare der Klage erreichen mich regelmäßig. Dann kommt ein Unwetter auf und es regnet in Strömen. Ein Stau und Übelkeit der Kinder im Auto verhindern die planmäßige Ankunft im Hotel. Am Frühstücksbuffet sind die Croissants leer. Ich schlafe wiederholt schlecht, es ist zu warm und das fremde Bett ist ungewohnt. Dafür erlebe ich auf dem Balkon einen wunderschönen Sonnenaufgang über den Bergkamm, während das ganze Hotel noch schläft. Die Kinder möchten schon wieder ins Schwimmbad und quengeln.

Ich könnte ewig fortfahren. Der Sommerurlaub war wunderschön, voller magischer Momente mit der Familie und in der Natur, viel Miteinander, Entdecken und Entspannung. Die Negativitätstendenz des Gehirns macht natürlich nie Ferien, so dass ich jeden Abend den Tag reflektierte und mir erst dann wirklich klar wurde, wie viel Schönes heute war im Gegensatz zu den wenigen schwierigen Momenten. Auch ich bin nicht gefeit gegen aufkommenden Unwillen. Mein menschliches Gehirn erfüllt seine Aufgabe gut: filtern, bewerten, einordnen, die Stimmung beeinflussen.

Mit Gleichmut den Widerstand aufgeben

Eine grundlegende Übung aus meinem letzten Retreat begleitet mich seitdem jeden Tag und verhilft mir dazu, den Alltag ungemein entspannter zu durchleben: Gleichmut. Besonders bei unangenehmen Situationen öffnet diese Haltung den Weg HIN zum Erleben und nicht GEGEN die Realität. Ohne es uns bewusst zu sein, kann das Leben schnell aus Widerstand bestehen: Warum wird das Frühstücksbuffet nicht einfach kontinuierlich aufgefüllt? Muss es ausgerechnet jetzt so heiß sein? Natürlich wird es einem schlecht, wenn man im Auto zu viel iPad guckt!

Sich gegen die Realität zu wehren, ist nicht nur sinnlos – es ist bereits geschehen und ist jetzt einfach so – sondern auch extrem ermüdend. Der ständige Kampf gegen das Leben, wie es sich vor uns ausbreitet, erschöpft den Körper und den Geist. Trotzdem ist es alles andere als einfach, die Realität zu akzeptieren, besonders wenn sie etwas Unangenehmes oder Ungewolltes ist. Die folgenden Sätze können dabei helfen: „Möge ich die Dinge akzeptieren, so wie sie geworden sind.“ Und: „Die Dinge sind, wie sie sind.“ Es ist heiß. Der Korb ist leer. Dem Kind ist es schlecht. Das Zimmer ist stickig und warm. Ich bin müde. Es ist, wie es ist, und mit Gleichmut ist es möglich, ohne Widerstand die Realität anzuerkennen und dann damit entsprechend umzugehen.

Keine Resignation

Gleichmütig das Leben zu erleben hat nichts mit Resignation oder Nachgeben zu tun. Es bedeutet nicht, Dinge so hinzunehmen, einfach weil sie geschehen sind. Es ist vielmehr eine sehr aktive Art zu leben, da wir auch mit Gleichmut Leiden lindern können, wo es in unserer Macht steht und sinnvoll ist. Es ist zu heiß? Das kann ich akzeptieren und mich bemühen, mit frischer Luft Abhilfe zu schaffen. Jemand hat mich mit Worten verletzt? Diese Tatsache nehme ich zur Kenntnis als Realität und erkläre dann, dass ich damit nicht einverstanden bin. Aber: „Möge ich das, was ich weder kontrollieren noch verändern kann, so annehmen, wie es ist.“

Mittendrin und in Balance

Gleichmut beinhaltet die ganze Palette und Tiefe von Gefühlen, ohne von ihnen hinweggeschwemmt zu werden. Eine gleichmütige Haltung ist Teil des ganzen Lebens, in seinen Tiefen und in den Höhen: Ich bin traurig, ohne mich in Selbstmitleid zu verlieren und die Traurigkeit mit Essen oder Fernsehen überdecken zu wollen. Ich freue mich, ohne das Angenehme festhalten zu wollen. Ich bin freundlich, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Ich fühle mit dem kranken Kind mit, ohne es mit Vorwürfen zu belegen (die Lektion kann später kommen, wenn es wieder gesund ist).

Gleichmut erlaubt ein Leben in Verbindung mit allem, was da ist, ohne überwältigt zu werden. Es erfordert einige Übung, sich auf den Weg des Gleichmuts zu begeben und die Türen zu ihm zu öffnen. Er ist auch nicht machbar, sondern kommt von innen, als Ergebnis eines inneren Prozesses. Es lohnt sich aber ungemein, sich auf den Weg dorthin zu begeben.

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